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Seitenblicke

Disco gegen Kultur

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Entspannung im Schlosscafé

Schloss Goldrain & Co. KG – ein Versuch

Mit einem geschickten Manöver will Bürgermeister Geom. Josef Rinner das Schloss erneut erwerben. Dazu wird eine Schloss Goldrain & Co. KG gegründet. So steht denn auch auf der Tagesordnung der Gemeinderatssitzung der Gemeinde Latsch vom 17.12.1979 der Verkauf des Schlosses an die “Schloss Goldrain und Co. KG”.

Wer zahlt die Zeche?

Rein wirtschaftlich gesehen ist oft zu wenig geschaut

In der Vornehmheit kulturpolitischer und denkmalpflegerischer Diskussion kommt es vor, dass der Gedanke der Finanzierbarkeit von Bildung und Kultur in einem Papierschnipsel zusammengefaltet und beseitigt wird. Dem ideologischen Irrglauben vom anzustrebenden Cash Flow in Bildung und Kultur sitzen nicht nur Verwalter, sondern mitunter auch Kulturtheoretiker auf. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Aber die Promotoren von Schloss Goldrain haben in ihrer Argumentationsreihe für den Erhalt des Schlosses den Seitensprung der Dialektik geschafft: Rein wirtschaftlich gesehen müsste man das Schloss heute sicherlich lieber verkaufen als behalten. Zum Glück nimmt derzeit jedoch die Zahl jener Bürger ständig zu, die nicht ausschließlich das Heil in einer übertriebenen Wirtschaftstätigkeit sehen. Wir können und wollen jedenfalls der Theorie nicht zustimmen, dass nur ein Verkauf an Privatpersonen ein Gebäude von allgemeinem Interesse vor dem Verfall retten kann.

Bauer sät Bildung

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Ernst Steinkeller

Ernst Steinkeller hat bildungspolitische Visionen

Ernst Steinkeller, Goldrainer Bauer, startet am 10. Dezember 1979 eine Unterschriftenaktion der Bürgerinitiative Schloss Goldrain. Der Verkauf an Private soll gestoppt werden. Innerhalb weniger Tage bezeugen 42 Goldrainer ihren Wunsch, das Schloss in Gemeinbesitz behalten zu wollen und etwas Sinnvolles abseits von Kommerz und Discokultur daraus zu machen. Die Latscher Politik bleibt hart. Aufschub des Verkaufs allerhöchstens bis Ende Jänner 1980. Im Dorf herrscht helle Aufregung. Das bislang missachtete Schloss steht im Mittelpunkt politischer, medialer und konzeptioneller Diskussionen. Es wird auch mit harten Bandagen gespielt. Taschenspielertricks und strategische Fouls entwickeln eine sonderbare Kreativität. Ernst Steinkeller und ein paar Getreue sind fast rund um die Uhr unterwegs. Am 25. Jänner wird eine Bürgerversammlung in Goldrain einberufen. Fast das ganze Dorf ist anwesend. Ein voller Erfolg für Ernst Steinkeller und seine Bemühungen. Die Gemeinde kommt nicht umhin, den Verkaufstermin aufzuschieben. Sieg für Bauer und Bildung auf der ganzen Linie.

Wollten nicht widersprechen

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Innenhof mit Besen

Warum die Goldrainer nicht früher reagiert haben

Auf die berechtigte Frage, warum denn die Goldrainer erst so spät auf die Idee kommen, sich um ihr Schloss zu kümmern, antwortet Ernst Steinkeller als Präsident der Initiativgruppe: “Dazu ist zu sagen, dass beim seinerzeitigen Verkauf zwei Umstände eine Rolle gespielt haben. Einmal wollte man sich nicht widersetzen, dass unser verehrter Herr Pfarrer ein neues Widum, also eine gemütlichere Wohnung erhalten möge. Zweitens war Herr Geom. Sepp Rinner damals Bürgermeister, was wesentlich dazu beigetragen hat, dass sich niemand gegen den Verkauf des Schlosses äußern wollte.”

Mein Kampf

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Einladung

Geschichte und Bildung als Herzensangelegenheit

Der Entschlossenheit von Ernst Steinkeller und seiner Mitstreiter ist es zu verdanken, dass Schloss Goldrain vor dem endgültigen Verfall und dem Ausverkauf an den Kommerz gerettet wird. In der Weitsicht für kulturelle und bildungspolitische Bedürfnisse übertrifft der Hausverstand eines bodenständigen Vinschgers die akademisch dressierten Gedanken von Verwaltern und Politikern. Es ist ein zähes Ringen um ein ehrenvolles und selbstloses Bemühen. Don Quichotte kämpfte gegen Windmühlen. Ernst Steinkeller und sein Komitee gegen den Vinschger Ober- und Unterwind. Politische und finanzielle Sturmwarnungen, die von den Bürgermeistern selbst gehisst werden, hängen an den Kirchtürmen der Gemeinden. Unwetter sind angesagt.